Leuchttürme der Weiterbildungsszene

von Elisabeth Michel-Alder

Nach zwei Coronajahren finden sich viele Weiterbildungsanbieter in einem Transformationsprozess. Das bewährte Angebot stösst auf weniger Nachfrage, trotz unablässiger Betonung der Notwendigkeit von Education Permanente. Haben sich Lernlustige an längeres Verweilen vor dem Bildschirm gewöhnt? Scheuen sie lange Wege zum Kurs? Wollen sie anders lernen? Unterschätzen sie den informellen Austausch mit andern Lernenden in Veranstaltungen und Seminaren?
Der Schweizerische Verband für Weiterbildung SVEB engagiert sich mit seinem Projekt «Transit», einem Think Tank, intensiv für Innovationen in der kulturellen wie der beruflichen Erwachsenenbildung. Er propagiert Flexibilisierung im Sinn von wachsender Offenheit und Beweglichkeit und hat dabei drei dynamische Bereiche im Fokus:
 
  • immer vielfältigere Lebensentwürfe

  • neue Strukturen und Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt

  • Pluralisierung und erleichterte Zugänglichkeit der Wissensquellen (dank Informations-Technologie).


Doch zunehmende Dekonstruktion, Ausdifferenzierung und Individualisierung provozieren stets auch Gegenbewegungen; Gesellschaften sind mehr als Ansammlungen von Einzelpersonen.

«An Flexibilisierung kommt niemand mehr vorbei. Sie erscheint gleichermassen unausweichlich wie unwiderstehlich, da sie nur auf sich selbst verweist: Die Probleme, die sie schafft, lassen sich nur mit erweiterter und radikalisierter Flexibilisierung lösen. In dieser Hinsicht ist Flexibilität Versprechen und Drohung zugleich.» Thomas Lemke, Glossar der Gegenwart. Frankfurt 2013


Die Diskussion in Bern kreist um spannende neuere Entwicklungen, die in verschiedenste Richtungen weisen, eher weg von zentralisiert angebo- tenen Kursformaten (die selbstverständlich ihre Bedeutung behalten). Wir beleuchten ausgewählte Beispiele ohne Anspruch auf Repräsentativität:

  • Standardisierte Lernmodule, international profitorientiert produziert, individuell (gegen flatrate) nutzbar wann und wo man will. Dazu stellt das EPA ein überzeugendes Beispiel vor -> vgl. Anhang
  • Radikal individualisierte Führungsentwicklung in Form individuellen Coachings für jede Person in Managementfunktion (Firma Bosshard Zug), was Teilnahme am reichen Kursangebot auf dem Weiterbildungsmarkt keineswegs ausschliesst.
  • Talentförderungsprogramm der SRG: Individuen (die nicht auf
Führung aspirieren) können sich auf Ausschreibung für einjährige (materielle, zeitliche und personelle) Förderung spezifischer Entwicklungs- prozesse bewerben. 

  • Gemeinsames Lernen in Gruppen und in spezifischem Kontext: Teamentwicklung 

  • Lernpartnerschaften mit gemeinsam definiertem Ziel (Duos, Trios, Quartette mit oder ohne Mentor:in oder Coach) 

  • Forschendes, kooperativ gestaltetes Lernen in Citizen Science-Projekten für zusätzlichen Kompetenzerwerb, das allerdings ein professionelles Projektmenagement und eine Verbiundung zur Universität voraussetzt 
-> Vgl. Präsentation von ema im Anhang 

  • CAS als Rahmen, in dem die Teilnehmer:innen ihre eigenen Lernziele definieren und mit Unterstützung der Dozierenden verfolgen (IKF Luzern) 

    • Lernen im Kontext, duales Lernen Theorie/Praxis in verschiedenen Varianten: 
Projektmitarbeit (mit Coaching und Selbstlernen)
    • Seitenwechsel Profit/Nonprofitbereich oder Jobtausch (mit 
Reflexion und Begleitung) 

    • Zeitlich begrenzter (experimenteller) Einsatz in andern 
Tätigkeitsfeldern, innerhalb oder ausserhalb des Unternehmens, 
mit der Möglichkeit, zu wechseln oder zurückzukommen 

    • Lernen in NGO-Aufgaben, zivilgesellschaftlichen Rollen oder in 
Politik/ Parteien/ Kirche/ Verband 

    • Lehrlingsverantwortliche entwickeln Programme für 
Spurenwechsel in der «Mitte» des Berufsweges 

  • Lernen und Job-Enrichment: Grössere Organisationen richten einen Pool für Moderator:innen, für Konfliktlotsen, Change-Management-Begleitung u.a.m. ein, welche den internen Bedarf ein Stück weit decken können und Mitarbeitenden eine zusätzliche Entwicklungsmöglichkeit öffnen. 

  • Struktureller Impuls zur Selbstentwicklung: Die Mitarbeitenden dürfen/ sollen für die Zeit einer Erprobung 20% ihrer Arbeitszeit für (ausge- schriebene) strategische Projekte oder eigenes Lernen einsetzen. Das EPA hat soeben ein solches vielversprechendes Experiment beschlossen. 

 
 

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